Aber es gibt doch tatsächlich eindeutig identifizierte Fälle von Greenwashing?
Ja, das ist richtig. Es gibt in einer insgesamt seriös arbeitenden Branche einige schwarze Schafe. Deshalb ist es wichtig, unter anderem folgende Punkte zu kennen, die bei der Identifikation von Greenwashing hilfreich sein können:
- Die Positionierung des Fonds widerspricht marktüblichen Praktiken, z.B. bei der Behandlung von Kontroversen oder der Verwendung marktüblicher Ausschlusslisten.
- Es werden täuschende oder irreführende Angaben zum einem Produkt, einer Dienstleistung gemacht. Das kann nicht nur den Fondsanbieter betreffen, sondern auch Unternehmen, deren Aktien bzw. Anleihen gekauft werden.
- Greenwashing kann auch bei der Anlageberatung passieren. Das ist der Fall, wenn das beworbene oder verkaufte «grüne» Produkt nicht mit den deklarierten Kundenpräferenzen übereinstimmt.
Was tun Sie als Leiter ESG Strategy & Development gegen Greenwashing?
Es liegt im ureigensten Interesse der Bank, Greenwashing zu vermeiden. Greenwashing stellt ein Compliance- und Reputationsrisiko dar, das rasch zu einem Risiko für das Gesamtbusiness werden kann. Wir bei der Zürcher Kantonalbank begegnen solchen potenziellen Risiken mit transparenten Anlageprozessen und kontinuierlichen Nachhaltigkeitsreportings.
Was muss die Branche tun?
Standards werden helfen, die schwarzen Schafe zu identifizieren. Ich wäre froh, wenn die Finanzbranche das auf dem Weg der Selbstregulierung hinbekommt. Auf Seiten der Anleger:innen sollte die finanzielle Bildung so weit reichen, dass die wichtigsten nachhaltigen Konzepte wie Ausschlusskriterien, Investment Stewardship und die Verwendung von ESG-Kriterien eingeordnet werden können. Dass hier Nachholbedarf besteht, habe ich bereits in einem früheren Beitrag dargelegt. Schlussendlich ist es wie bei jeder Kommunikation: Wir haben Sender und Empfänger. Kommunikation ist erfolgreich, wenn es gelingt, Missverständnisse auf beiden Seiten zu vermeiden und störende Nebengeräusche zu minimieren. Mit Letzterem appeliere ich ausdrücklich an die Presse, die vom Begriff Greenwashing derzeit geradezu inflationär Gebrauch macht.
Das Thema nachhaltige Anlage ist doch so zentral, weil politisches, gesellschaftliches und wirtschaftliches Interesse Hand in Hand gehen sollen, um die Herausforderung des Klimawandels zu bestehen. Ist nicht deshalb das Interesse so gross?
Rund elf Prozent des Vermögens der Schweizer Publikums-Fonds sind aktuell nachhaltig angelegt. Es wäre womöglich interessant, über die 89 Prozent zu sprechen, welche nicht nachhaltig angelegt sind.