Herr Conzett, wann haben Sie Ihre ersten Münzen gesammelt?
Als ich sieben Jahre alt war, schenkte mir ein älterer Freund der Familie eine Sammlung Zürcher Taler. Er sagte: «Weisst du, Jürgli, vielleicht studierst du einmal Geschichte.» Damals freute mich diese Bemerkung überhaupt nicht. Aber mit 20 begann ich tatsächlich ein Geschichtsstudium.
Hat Sie das Geldfieber schon mit sieben Jahren gepackt?
Bis heute bin ich davon verschont geblieben. Für mich sind Münzen Fenster in die Vergangenheit. Sie können eine Münze durchschauen. Prägedatum, Motive, Form und Gewicht erzählen eine Geschichte – fast wie ein Buch.
Haben Sie sich als Sammler spezialisiert?
Viele Menschen sammeln Münzreihen. Wenn es fünf Münzen einer Art gibt, wollen sie alle davon besitzen. Doch das ist nie mein Bestreben. Denn für mich ist die Bedeutung hinter einer Münze wichtig. Meine Eltern reisten für Unicef viel in der Welt herum und brachten mir Münzen mit nach Hause – so wuchs meine Sammlung immer weiter. Doch eines Tages haben sie sich Einbrecher unter den Nagel gerissen.
Das war aber nicht das Ende Ihrer Sammlerkarriere – 1998 haben Sie das MoneyMuseum ins Leben gerufen.
Während meiner Studienjahre und meiner sieben Jahre im Ausland – USA und Japan – machte ich mir kaum Gedanken über Münzen. Als ich zurück nach Zürich kam, entstand der Wunsch, dieses Hobby wiederzubeleben – diesmal auf professionellem Niveau. Für dieses Vorhaben konnte ich eine Studienkollegin gewinnen. Wir entschlossen uns, Leitwährungen zu sammeln. Das sind Währungen, die über ihren Herkunftsraum hinaus Verwendung finden. Vor uns hatte sich noch niemand diesem Thema gewidmet. Heute gilt der US-Dollar als Leitwährung, früher waren es etwa das britische Pfund und der österreichische Maria-Theresien-Taler. Die Geschichte der Leitwährungen von den alten Griechen bis zur Gegenwart lässt sich mit rund 200 Münzen darstellen.
Sie stammen aus einer prominenten Familie: Ihr Vater war Nationalratspräsident, Ihre Urgrossmutter die Frauenrechtlerin und Verlagsgründerin Verena Conzett. Welche Rolle hat Geld am Familientisch gespielt?
Praktisch keine. Ich habe nur von Kollegen mitbekommen, dass es Leute gibt, die reich sind, und andere, denen das Geld fehlt. Ich persönlich habe kaum je Banknoten in der Hand gehalten – aber Kredit genossen. Ich konnte zum Bäcker gehen und meine Schulkollegen einladen. Der Bäcker schrieb alle Einkäufe auf meinen Namen an. Ähnlich kaufte ich Schuhe und Kleider in jungen Jahren ein. Zugleich beobachtete ich, wie das Geld die Gesellschaft beeinflusste. Ich empfand die Spannungsverhältnisse als seltsam. Niemand sprach über Geld, aber jeder strebte danach. Äusserlich verhielten sich alle nett miteinander, innerlich konkurrierten sie. Diese Zusammenhänge beschäftigten mich stark, aber niemand konnte mir Antworten auf meine Fragen geben.