Stellen wir uns einen Banktresor tief unter der Erde vor: schwere Panzertüren, Türme voller aufgeschichteter Barren. Glanz. Gold.
Die Realität sieht etwas nüchterner aus: Metallgestelle wie in einem herkömmlichen Logistikzentrum, schwarze Schachteln auf rohen Holzpaletten. Der Beipackzettel: schnörkellose Schrift auf weissem Papier, ein Logo des Herstellers und eines der Bank. Der Inhalt: Metallware, zwar tatsächlich hellgelb glänzend, aber irgendwie ohne Zauber. Eingepackt, eingelagert, eingetragen.
Doch diese Goldbarren sind keine gewöhnlichen. Ein eingraviertes «Z» und eine Seriennummer weisen sie als «Traceable Gold» aus. Der Lieferweg dieses in Einheiten von 250 bis 1’000 Gramm gegossenen Edelmetalls ist vollständig rückverfolgbar bis in die Mine, in der es abgebaut wurde.
Und das ist aussergewöhnlich?
In anderen Bereichen unseres Lebens ist es doch längst zum Standard geworden: Im Supermarkt strahlt uns ein freundlich lachender Bauer vom in Zellophan verpackten Kopfsalat entgegen, er nennt uns auf dem Etikett seinen Namen und garantiert, dass das Blattgemüse auf seinem Feld gewachsen ist. Und auf der Menükarte im Restaurant um die Ecke deklariert die Wirtin, von welchem Metzger im Dorf sie unser Schweinskotelett bezogen hat.
Ist vollständige Transparenz in der Lieferkette wirklich ein Novum beim Goldhandel?
Garantie über die ganze Lieferkette
«Ja, ist es», sagt Drazen Repak, Leiter des Edelmetallhandels bei der Zürcher Kantonalbank, und ordnet es sogleich ein: Klar, das Thema sei latent schon seit längerer Zeit aktuell gewesen. Klar, Nichtregierungsorganisationen hätten immer wieder auf die teilweise problematischen Zustände beim Abbau und bei der Verarbeitung hingewiesen, nicht nur beim Gold, sondern bei vielen Rohstoffen. Und klar, die Branche habe auch schon vor Jahren gehandelt – die Zürcher Kantonalbank als grösste Goldhändlerin der Schweiz etwa bereits 2015 mit dem Angebot kleiner Fairtrade-Goldbarren von 1 bis 20 Gramm. Und doch: «Mit dem Traceable Gold können wir erstmals eine Garantie über die gesamte Produktions- und Lieferkette von grossen Goldbarren abgeben», sagt Repak.
Für ihn ist das neue Angebot ein logischer Schritt: «Nachhaltigkeit ist Teil unseres Leistungsauftrags – und diese ist ohne Transparenz nicht zu erreichen.» Die Zürcher Kantonalbank stehe bei diesem Thema jedoch nicht allein: «Die Anforderungen an die Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen steigen auch bei den Investoren ständig. Diese ESG-Themen verlangen nach neuen Pflichten beim Reporting und diese wiederum bedingen eine lückenlose Dokumentation.» Aber auch die Ökonomie spiele eine Rolle: «Heute fragen institutionelle Anleger verstärkt nach verantwortungsbewusst hergestellten Goldprodukten, denn die Rückverfolgung von Edelmetallprodukten entwickelt sich zu einem Wettbewerbsvorteil», so Repak.
Doch wie sieht eine solche transparente Lieferkette nun konkret aus? Inwiefern hat dieses «Z» auf den Goldbarren im Banktresor seine Berechtigung?