Dass Adrian Canonica jedoch nur schon bei Nennung der ersten Silbe Glet in Melancholie verfiele, beileibe nicht. Vielmehr glaubt er, dass noch nicht aller Tage Abend sei – «Sorge? Das ist das falsche Wort», sagt er – dann formuliert er mit sonnenklarer Überzeugung: «Ich glaube an die Unterstützung durch die Technik.»
Doch Adrian Canonica ahnt, dass es nur ein (löblicher) Anfang sein kann, jüngst daheim die Ölheizung herausgerissen und durch eine Wärmepumpe ersetzt zu haben und den Carport derzeit mit einem Solarzellendach auszurüsten – nächstens ist der Kauf eines E-Autos anvisiert. Obwohl: «Man sollte ein funktionierendes Auto ja nicht wegschmeissen», sagt Adrian Canonica. Aber das jetzige hat nun mal einen in Verruf geratenen Verbrennermotor – in nicht allzu ferner Zeit werden sie in den Museen der Welt zu bewundern sein. Es wird dann die eine oder andere Träne geben. Eingedenk trockener Böden hier und da ist das: okay.
Das Vlies als Kompromiss
Auch in Adrian Canonica duellieren sich also Pragmatist und Klimaschützer, und dankenswerterweise gibt er stellvertretend für uns alle zu: «Ich bin punkto Klimaschutz auch nicht in allen Belangen super.» Wie ein gemeinsamer Weg hin zum Erreichen des Klimaziels aussehen könnte? Dass jede und jeder noch mehr als jetzt im Detail den Klimaschutz im Alltag verankere, so formuliert es Adrian Canonica. Wie gesagt: schwieriges Thema. Und insofern könne auch das den Gletscher schützende Vlies nur ein Kompromiss sein, wie es der kluge Beobachter Adrian Canonica betont. Denn: «Das Vlies zeigt ja vor allem, dass man etwas korrigieren muss, was eigentlich gar nicht erst hätte stattfinden sollen.» Der Künstler Mandry hätte es wohl nicht besser sagen können. Doch das Wort gebührt nun: Adrian Canonica.
«Kunst soll ja unter anderem auch dazu dienen, miteinander ins Gespräch zu kommen, verschiedene Standpunkte auszuloten, dadurch manchmal eine andere Sicht auf ein Werk zu erhalten und das Gegenüber besser zu verstehen. Und eben: Bei diesem Bild verknüpfen sich ausgerechnet jene zwei Themen, die mir am Herzen liegen: Das eine ist mein Hobby, Bergsteigen, und das andere – es ist ein Thema, das uns allen am Herzen liegen sollte – ist der Klimaschutz. Deshalb ist die Wahl auf dieses Bild gefallen. Die Nachhaltigkeit ist überhaupt ein Thema, das mich schon länger begleitet: Ich habe ja auch in der Unternehmensentwicklung gearbeitet und hatte dort mit dem Leistungs- und Nachhaltigkeitsauftrag zu tun, habe vor zwei Jahren zusammen mit der Kollegin Marit Kruthoff das Thema behandelt: Nachhaltigkeit, die nachhallt. Also: Das Thema Nachhaltigkeit in der Bank verankern – es ist so wichtig.
Es sind Bergsteiger auf diesem Bild zu sehen, eine Seilschaft, das ist es, was mich emotional bewegt, mich schon immer fasziniert hat. Ich sehe das Bild und habe sofort einen Bezug. Ich bin froh, dass man heute nicht mehr mit einer solchen Ausrüstung unterwegs ist, das Zeug ist schwer, wenn es nass wird, wird es nicht mehr trocken, das Seil ist höchstwahrscheinlich ein Hanfstrick, das ist ziemlich unsicher, es kommt einfach beim Anschauen Pionier-, Abenteuergeist auf; gerade die Eisformationen, wenn ich da durchlaufe, das ist auch heute noch so, dann habe ich das Gefühl, ich sei total allein, mir kommt dann in den Sinn, dass ich dort grad der Erste wäre.
Es hat Risse im Gletschervlies, man sieht, dass es gebraucht ist, dass es gelebt hat, es ist verwittert, hat Flecken, all das gehört dazu. Wahrscheinlich ist es mindestens einen Sommer lang in der Natur gelegen. Wenn ein Gletscher nicht mehr intakt ist, werden auch die Touren schwieriger, wir können dann nicht mehr einfach über den Gletscher laufen, müssen allenfalls Felswände erklimmen und aufs Geröll aufpassen, das abgeht.
Wir sind noch nicht am sogenannten Kipppunkt, wann der kommt, da scheiden sich die Geister. Doch in den Bergen ist es zu sehen. Eiszeiten hat es immer gegeben, Gletscher sind immer gewachsen und zurückgegangen, aber in dem Tempo wie jetzt: noch nie. Die Natur kann nicht so schnell gegenreagieren, wie der Mensch CO2 ausstösst und damit das Klima erwärmt. Mit meinen drei Söhnen – sie sind zwischen acht und zwölf Jahre alt –, habe ich jüngst einen einfachen Viertausender bestiegen, ja, mit Steigeisen und Seil natürlich – das Breithorn. Nein, ich kann mir die Schweizer Bergwelt nicht ohne Gletscher vorstellen.»