SNB bevorzugt stärkeren Franken
Auch wechselkursseitig besteht momentan kein Hindernis für eine restriktivere Geldpolitik. Der Euro konnte sich über die letzten Wochen etwas erholen, auch gegenüber dem Schweizer Franken. Allgemein weisen die Entwicklung der Kaufkraftparitäten sowie die realen Wechselkurse darauf hin, dass der Franken aktuell nicht überbewertet ist. Es spricht also wenig dagegen, den Franken als Schutz gegen importierte Inflation mit den geldpolitischen Massnahmen zu unterstützen.
Wie die SNB im Juni durchblicken liess, sieht sie im aktuellen Umfeld grössere Risiken bei einer Abschwächung als bei einer Aufwertung des Franken. Neben dem Erhöhen der Leitzinsen gehört zu den Instrumenten der SNB seit der geldpolitischen Wende auch explizit die Möglichkeit von aktiven Devisenverkäufen. Dass sie diese auch tatsächlich einsetzt, legen die neuesten SNB-Bilanzzahlen nahe. Die Experten der Zürcher Kantonalbank schätzen, dass die SNB im September Devisenverkäufe von gut CHF 3 Milliarden getätigt hat, und es ist davon auszugehen, dass sie dieses Instrument auch künftig anwenden wird.
Zielkonflikte bei anderen Notenbanken
Das Mandat der SNB ist eng gefasst und fokussiert sich auf Preisstabilität. Die klare Zielsetzung heisst: Die Inflation soll mittelfristig innerhalb des Zielbands von 0 bis 2% liegen. Dies ist einerseits pragmatisch und andererseits kann das Ziel entschlossen verfolgt werden. Je breiter die Ziele oder deren Auslegung von Notenbanken gefasst sind, desto eher können Zielkonflikte entstehen.
Unter den grossen Notenbanken sehen die Experten der Zürcher Kantonalbank insbesondere bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wie auch bei der Bank of England (BoE) das Risiko, dass sie sich in einem Trilemma befinden und sich dadurch in ihrem geldpolitischen Spielraum beschränkt sehen, die Inflation entschieden genug zu bekämpfen. Beide Volkswirtschaften befinden sich nun in einer Rezession.
In Grossbritannien sind mit der plötzlichen Schieflage bei den Pensionskassen Warnsignale aufgeleuchtet, dass markante Zinserhöhungen nicht nur die Konjunktur belasten, sondern auch die Finanzstabilität gefährden könnten. Und auch in der Eurozone begrenzen wachsende Sorgen um die Finanzstabilität, insbesondere in Form von höheren Refinanzierungskosten für Peripherieländer, den Spielraum der Notenbank für weitere Zinserhöhungen.
Die Experten der Zürcher Kantonalbank erwarten, dass die aktuell hohen Markterwartungen bei diesen Notenbanken enttäuscht werden. Sie halten die Erwartungen an das Fed für zu hoch. Allerdings scheinen in den USA sowohl die Wirtschaft wie auch die Finanzmarktstabilität robuster zu sein. Sollte die jüngste Entspannung in den Inflations- und Arbeitsmarktzahlen über die nächsten Monate nicht bestätigt werden, dürfte die US-Notenbank wohl eher als die EZB oder die BoE im Stande sein, die Markterwartungen zu erfüllen.
Umfeld spricht für Schweizer Franken
Grossbritannien steckt bereits in einer Rezession, in der Eurozone hat wohl gerade eine begonnen. Der globale Konjunkturabschwung hält weiter an, die Schweizer Wirtschaft steht vergleichsweise solide da. Die Markterwartungen sind aus Sicht der Zürcher Kantonalbank für die SNB tendenziell zu tief, hingegen für viele andere Notenbanken zu hoch.
Der Schweizer Franken ist im historischen Kontext nicht hoch bewertet, und mit Blick auf eine anhaltende Inflationsdifferenz zu den grossen Währungsräumen wird wohl der faire Aussenwert des Frankens weiter steigen. In diesem Umfeld ist insgesamt mit einem stärkeren Franken zu rechnen. Aufgrund der konjunkturellen Situation und der Verletzlichkeit des alten Kontinents über den Winter bezüglich Energieversorgung sieht die Zürcher Kantonalbank kurzfristig vor allem Aufwertungspotenzial gegenüber dem Euro und insbesondere gegenüber dem britischen Pfund.
Im neuen Jahr ergibt sich mit dem Ende des Fed-Zinserhöhungszyklus, einer zumindest temporären Entspannung der Energiesituation in Europa und dem zunehmenden Sichtbarwerden von Bremsspuren der restriktiven Geldpolitik in der US-Wirtschaft vor allem auch Aufwertungspotenzial gegenüber dem hoch bewerteten US-Dollar.