2. Wieso hat der Franken so stark aufgewertet?
Dass der Franken in den letzten zwei Jahren so stark aufgewertet hat, liegt vor allem daran, dass die Inflation in der Schweiz deutlich tiefer ist als im Ausland. Die Schweiz hat weltweit das niedrigste Inflationsziel, und die Preise sind hierzulande stärker verankert. Die Schweiz ist auch weniger stark von den globalen Energiemärkten abhängig als andere Länder, was beispielsweise den Energiepreisschock 2022 im Vergleich zum europäischen Ausland deutlich gedämpft hat. Über den Wechselkurs werden die relativen Preisverschiebungen ausgeglichen, was den Franken über die Zeit aufwerten lässt.
Zudem gilt der Franken als sicherer Hafen. So konnte nach dem Angriff der Hamas auf Israel Anfang Oktober 2023 eine Flucht in den Franken beobachtet werden. Zuletzt hat der Franken davon profitiert, dass der getrübte Wirtschaftsausblick und die rückläufige Inflation am Markt vermehrt Zinssenkungen bei der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank Fed erwarten liessen. In der Schweiz besteht diesbezüglich weniger Handlungsbedarf. An den Währungsmärkten können aber auch kurzfristige Bewegungen verstärkt werden, wenn gewisse Kurse unterschritten werden, insbesondere im dünneren Handel über den Jahreswechsel.
3. Welche Rolle spielt dabei die SNB?
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat den Franken aufwerten lassen, um die Schweiz vor importierter Inflation zu schützen, und ihn im Jahresverlauf mit Devisenverkäufen aktiv gestützt. Allein im dritten Quartal hat sie 37,6 Milliarden Franken an Devisen verkauft. Ab Mitte 2022 hat sie von ihrer Bilanz Fremdwährungsbestände in Höhe von insgesamt 138 Milliarden Franken verkauft, eine massive Summe. Die Ende Dezember publizierten Bilanzdaten weisen darauf hin, dass die Verkäufe im Oktober und November fortgesetzt wurden.
4. Ist der Franken überbewertet?
Über weite Strecken hat ein stärkerer Franken die Preissteigerungen im europäischen Ausland kompensiert. Die jüngste Aufwertung zu Jahresende geht aber darüber hinaus, und die Bewertung des Franken hat sich gegenüber dem Euro erhöht. Allerdings halten die Experten der Zürcher Kantonalbank den Franken nach wie vor nicht für deutlich überbewertet. Den fairen Wert basierend auf der Kaufkraftparität gegenüber dem Euro wird zurzeit auf 0.96 geschätzt. Der US Dollar wird hingegen nach wie vor als höher bewertet erachtet.
5. Was heisst das für die Schweizer Exportwirtschaft?
Der Schweizer Franken hat zwar stark aufgewertet, doch die Preise sind im Ausland viel stärker gestiegen als in der Schweiz. Kaufkraftbereinigt hat der Wettbewerbsnachteil für die Schweizer Exportwirtschaft deshalb nicht so stark zugenommen, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Frankenstärke kommt aber zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die Schweizer Industrie steckt bereits in einer Rezession, und die Frankenaufwertung bringt den für sie wichtigen Exporten zusätzlichen Gegenwind. Es überrascht daher nicht, dass die Wirtschaft die Frankenstärke nun vermehrt kommentiert.
6. Wie wird die SNB reagieren?
Angesichts der jüngsten Frankenaufwertung und der insgesamt verminderten Inflationsrisiken glauben die Experten nicht, dass die SNB vom jetzigen Niveau aus den Franken zusätzlich stützen will. Sie gehen vorerst von einer neutraleren Interventionspolitik aus, wie sie die SNB anlässlich ihrer vierteljährlichen Lagebeurteilung im Dezember in Aussicht gestellt hat. In einem ersten Schritt verzichtet die SNB auf Devisenverkäufe. Die Experten der Zürcher Kantonalbank rechnen indes nicht mit einem überschnellen Richtungswechsel der Nationalbank, da der Franken nicht deutlich überbewertet ist und die Inflationsrisiken für die SNB noch nicht gänzlich verschwunden sein dürften. Wird der Franken kaufkraftbereinigt allerdings noch stärker, könnte sie wieder beginnen, gezielt Devisen zu kaufen, um den Franken zu schwächen.
7. Was sind die Aussichten für den Franken?
Das gute Abschneiden des Frankens in den letzten 12 bis 24 Monaten reduziert sein weiteres Aufwertungspotenzial. Zudem wird künftig die Unterstützung durch die Devisenverkäufe der SNB fehlen. Und nach dem starken Lauf ist kurzfristig eine Gegenbewegung nicht auszuschliessen. Das getrübte Konjunkturbild in den übrigen Industriestaaten zu Beginn des Jahres und der abnehmende Zinsrückstand sollten 2024 den Franken allerdings stützen. Langfristig wird die Schweizer Währung weiterhin von einer strukturell tieferen Inflation in der Schweiz profitieren.