Insgesamt erwartet das CIO-Office für 2021 eine global starke Wachstumsdynamik, in der vor allem die konjunktursensitiveren Regionen ihr Aufholpotenzial entfalten werden. Das Wachstum dürfte sich in den Folgejahren jedoch auf einem Niveau unterhalb des Vorkrisenniveaus einpendeln. Darum braucht es über einen längeren Zeitraum hinweg die Unterstützung der Geld- und Fiskalpolitik. Aus ökonomischer und anlagepolitischer Sicht wird nicht nur entscheidend sein, wann der Impfstoff das gewohnte Leben wieder zulässt, sondern auch, welche strukturellen Veränderungen die COVID-19-Pandemie bewirkt.
Bestehende Trends werden beschleunigt
Die Corona-Krise wird Spuren hinterlassen, die sich erst nach und nach in Form struktureller Veränderungen abzeichnen werden. Trends wie die abnehmende Erwerbsbevölkerung, die branchenübergreifende Digitalisierung und Umweltbewusstsein bestanden bereits vor der Krise, wurden aber durch die Pandemie beschleunigt. Diese Trends werden auch mit der Verfügbarkeit eines Impfstoffs nicht verschwinden. Personalintensive und unterdurchschnittlich produktive Sektoren wie etwa die freizeitnahen Branchen werden eine längere Rehabilitationsphase brauchen. Der damit verbundene Anpassungsprozess und insbesondere die Reallokation der Ressourcen werden das Wirtschaftswachstum zunächst dämpfen. Das erste Vermächtnis der Pandemie wird eine nicht ausgelastete Wirtschaft und ein tieferes Trendwachstum sein.
Der Staat schliesst die Lücke
Damit die strukturellen Veränderungen nicht zu einer gesellschaftlichen Disruption führen, sind unterstützende Massnahmen der Regierungen notwendig. Bis die Konjunkturpakete ihre Wirkung entfalten und der Arbeitsmarkt wiederbelebt wird, werden die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und die Investitionen im Privatsektor zurückhaltend bleiben. Der Staat wird daher darauf bedacht sein, die sich anbahnende Konsum- und Investitionsschwäche des privaten Sektors zu kompensieren. Das zweite Vermächtnis der Pandemie wird eine aktivere und expansivere Fiskalpolitik sowie eine höhere Staatsverschuldung sein.
Von der Notenpresse finanziert
Um die Investitionen im Privatsektor wieder anzukurbeln und die Tragbarkeit der zunehmenden Verschuldung der Staaten zu gewährleisten, werden die wichtigsten Notenbanken 2021 und darüber hinaus ihren expansiven Kurs fortführen. Die Inflation wird aufgrund der nicht ausgelasteten Wirtschaft höchstens moderat anziehen und vorerst weiterhin unter dem von den Notenbanken festgelegten Inflationsziel bleiben. Das dritte Vermächtnis der Pandemie wird ein anhaltendes Tiefzinsumfeld sein.
Das Interesse an Innovation neu definiert
Innovationsfördernde Investitionen in Bereichen wie Umwelt, allgemeine Medizin und Bildung sind eine wirtschaftliche Notwendigkeit, zumal sie der Grundstein für zukünftigen Wohlstand und die Chance auf einen Produktivitätsanstieg sind. In Phasen, in welcher die Privatinvestoren noch zurückhaltend sind, kann der Staat solche Ausgaben durch die Nachhaltigkeitsziele der UNO besser politisch und wirtschaftlich legitimieren. Die COVID-19-Krise hat zudem gezeigt, dass Digitalisierung nicht nur der Unterhaltung dient. Das Interesse der Privatinvestoren an Innovation wurde aber letzten Endes durch den imposanten Entwicklungsverlauf des neuartigen Impfstoffes wachgeküsst – das ist das vierte Vermächtnis der Pandemie.
Schleppende Erholung in der Schweiz
Auch die Schweiz sieht sich im Sog der globalen Konjunkturschwäche mit einer schleppenden Erholung konfrontiert. Da die Pandemie verschiedene Weltregionen belastet, leiden auch die Schweizer Exporte. Erfreulicherweise sind diese regional und produktemässig sehr gut diversifiziert. Aufgrund der schwachen Wachstumsdynamik wird die Inflation kaum Potenzial entwickeln – der Leitzins der SNB wird auch über das Jahr 2021 hinaus negativ bleiben. Grösstes politisches Risiko bleiben die Verhandlungen über die bilateralen Verträge mit der Europäischen Union (EU).
Fokus liegt auf besten Ertragsaussichten
Trotz anhaltender Risiken rund um die Pandemie entwickeln sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen finanzmarktfreundlich. In diesem Umfeld wird sich die Investorengemeinschaft im Hinblick auf die Post-COVID-19-Ära positionieren. Die Ertragsaussichten der Unternehmen werden sich 2021 laufend verbessern. Die Renditen von Obligationen dürften im Rahmen der positiveren Konjunkturerwartungen zwar steigen, aber wegen der expansiven Notenbanken auf einem tiefen Niveau bleiben. Die Realrenditen werden aufgrund des moderaten Inflationsdrucks auf dem heutigen Niveau verharren. Da bei den Obligationen mit weiterhin tiefen Erträgen und potenziellen Kursverlusten zu rechnen ist, erhöht sich die Attraktivität von risikobehafteten Anlagen. Investitionen in Forschung und Entwicklung werden sich mehr auszahlen als Aktienrückkäufe.